Selbsthilfe, ein Begriff der besonders heute wichtiger ist als im Allgemeinen geglaubt wird. Ich Selbst – brauche Hilfe! Wird das eigentlich auch immer so verstanden? Leider nein! Warum ist das so und wie können wir dem begegnen?
Erst einmal muss festgehalten werden, dass die Angehörigen durch einen Schicksalsschlag von jetzt auf sofort tief betroffen werden. Kopflos verstehen sie die Welt nicht mehr. Mit einem Mal ist alles anders. Schädelhirntrauma (SHT), Koma, Wachkoma, Beatmung sind einige Begriffe, die in ihrer Tragweite in dem Moment nicht verstanden werden. Es geht in den ersten Stunden und Tagen um Leben und Tod. Angst und viele Fragen beherrschen die Gedanken. Da ist kein Platz für Selbsthilfe, auch wenn gerade in dieser Phase, von Menschen, die in derselben Lage waren, diese Ängste abgemildert werden könnten. Erst viel, viel später, meist in der Rehaklinik hört man etwas von „Selbsthilfe“. Man wird hellhörig, vielleicht wird man angesprochen, möglicherweise aufmerksam gemacht. „Gehen Sie doch mal in eine Selbsthilfegruppe“, so könnte und so sollte es auch sein.
In der Selbsthilfegruppe (SHG) hört man von anderen Betroffenen bzw. von betroffenen Angehörigen einiges über das Thema rund um das Gehirn / SHT und deren weite Auswirkungen. Hier ist man unter sich, hier wird man mit seinen Problemen und Fragen verstanden, denn in der Gruppe haben alle eigene Erfahrungen mehr oder weniger durchlebt. „Weil aus Erfahrung gut!“ ist es die Selbsthilfe, die Ideen einbringen und Anregungen vermitteln kann. Aber es geht auch darüber hinaus. Weiterbildungen im Rahmen der SHG mit Unterstützung professioneller Dienstleister (z. B. Mediziner, Therapeuten und Fachpfleger) sind nicht nur wissenswert, sondern sehr hilfreich um zu lernen, zu verstehen, zu begreifen und auch eigenständig etwas zu leisten.
Welche Themen können in der Selbsthilfegruppe besprochen werden?
- Wie gehe ich mit dem Schicksalsschlag um? Gibt es auch psychologische Hilfe für Angehörige?
- Welche Chancen bestehen für den weiteren Verlauf des SHT? Kann er/sie vollständig gesund werden?
- Pflege, wo finde ich sie stationär, ambulant oder in der Wohngemeinschaft oder vielleicht doch besser zu Hause?
- Wie ist es mit Verordnungen für Heil- und Hilfsmittel?
- Gibt es denn auch Tagesstätten zur Betreuung meines Angehörigen?
- Hat man auch noch eine berufliche Perspektive?
- Ich komme mit der Situation nicht zurecht. Keiner hört zu. Ich fühle mich allein gelassen. Meine Familie zerbricht – ich weiß nicht mehr weiter.
- Ich habe große Probleme mit der Kostenübernahme!
- Wo finde ich Beistand in Fragen der Betreuung und auch in rechtlichen Fragen?
- Wo finde ich die richtige Einrichtung, die für meinen Betroffenen gut ist? Das kann die Rehaklinik sein, aber auch eine Einrichtung der Pflege und Betreuung.
Sie merken schon es geht um sehr viel. Viele Fragen und Probleme kann man aufgreifen in einschlägiger Literatur, im Internet finden Sie überall etwas.
Das Wichtigste finden Sie aber nur in der Selbsthilfe. Es sind Menschen, die ein gleiches Schicksal durchleben und mit vielen persönlichen Erfahrungen ausgestattet sind. Sie können sich diesen Menschen öffnen, denn Sie werden verstanden. Sie dürfen weinen und lachen, Sie dürfen Fragen stellen und aus Ihren Erfahrungen anderen berichten. Hier finden Sie einen Erfahrungsschatz den Sie sonst so nicht bekommen.
Sie sollten aber auch daran denken, es sind eben auch nur Betroffene und deren Angehörige. Selbsthilfe hat keinen Anspruch auf „Recht haben“. Es sind nur Anregungen und Ideen zum Ergreifen von eigenen Initiativen. Entscheidungen, egal welcher Art, sind immer von Ihnen selbst zu treffen. Geht es um Rechtsstreitigkeiten, so sollte ein Rechtsanwalt (aus dem Bereich Medizin- und / oder Sozialrecht) hinzugezogen werden.
Aus diesem Grunde ist es nicht nur ratsam, sondern vor allem klug und erforderlich, sich einer Selbsthilfegruppe zuzuwenden.